Genialität, Wumms, Knorz

Die Mannen der Energie sind am Sonntagnachmittag solide in die neue Saison gestartet. Das Auftaktspiel lässt noch nicht erahnen, in welche Richtung es in den kommenden Monaten gehen könnte. Beim 3:3 gegen Deportivo Grande Cojones war zu vieles dem Zufall geschuldet.

Von Sebastian Gänger, #9

Co-Trainer Rykart zog genüsslich an seiner Zigarette, Maskottchen Weibel laberte etwas von der durchzechten letzten Nacht, Ganz verdaute das bei einer tamilischen Hochzeit eingenommene Curry, und der Autor cremte sich an der Seitenlinie seine schmerzende Leiste ein. Da ahnte noch niemand, was kommen könnte. Weshalb denn auch? Die Saison war erst dreissig Sekunden alt, als sich Ledermann entschloss, den Tor-des-Jahres-Wettbewerb mal so richtig zu lancieren. Im Stile Dani Alves’ nahm er den Ball auf dem Flügel an, machte zwei, drei Schritte vorwärts und schickte dann die Kugel auf den Weg. Nach rund dreissig Metern in der Luft schlug sie dann ein, im Netz, oben rechts, hoppla! Jubelschreie, staunende Blicke – spätestens jetzt wussten auch die Reservespieler, dass sie dem Geschehen auf dem Bitz folgen sollten.

 

Das lohnte sich, auch wenn weitere Geniestreiche an diesem Nachmittag ausblieben. Bitzius bestritt die ersten zwanzig Saisonminuten überraschend effizient, kaltschnäuzig und abgeklärt. Vielleicht waren es die schwerlich zu verdauenden sieben Gegentore im Frühling gegen den gleichen Gegner, vielleicht die vielen gutaussenden WAGs am Spielfeldrand, vielleicht die feurigen Worte von Captain Heimlicher, die dem Team den nötigen Schwung gaben. Auf alle Fälle zeigte die Energie zu Beginn deutlich mehr Eier als die Möchtegern-Spaniöggel. Deren Schlussmann leistete sich nach 25 Minuten dann auch noch einen gröberen Schnitzer, und schon stand es 2:0. Ausgangspunkt war ein missglückter Schuss des Autors – von Bühler als „Wumms“ bezeichnet –, den der Goalie nach vorne abprallen liess. Raffi Spahr stand goldrichtig und ergänzte seine in den Ferien angetretene „Journey to Jah*“ um ein weiteres Kapitel.

 

Gleichzeitig war der glückliche Treffer der Anfang einer Fehlerorgie, die das Spiel bis zum Ende prägte. Von zündenden Ideen, Strategie und Taktik war fortan nur noch wenig zu sehen. Auf beiden Seiten reihten sich Fehlpässe an Prellbälle. Chancen waren meist Zufallsprodukte. Und irgendwie wusste nach 65 Minuten niemand wirklich, wie es plötzlich 2:2 stehen konnte. Zwei Bogenbälle überlisteten unseren sonst so sicheren Goaliegott. Bei einem weiteren nicht zwingenden Vorstoss von Cojones verlor dann die ganze Defensivabteilung der Energie den Überblick. Rückstand, wieder hoppla!

 

Dass die Moral in der Mannschaft stimmt, zeigte dann die Szene, die zum Schlussstand führte: Wie ein Irrer sprintete Heimlicher einem schlecht getimten langen Ball nach, provozierte ein Missverständnis in der Cojones-Defensive und knorzte den Ball zur gerechten Punkteteilung ins Tor. Danach sorgten nur noch Wortgefechte des Autors für etwas Wirbel. Zu seiner Verteidigung: Immerhin wusste er dem impulsiven Gegenspieler zu berichten, dass der Schiedsrichter bei einem Einwurf nicht zwingend pfeifen muss. Als Journalist ist er nun mal der Aufklärung verpflichtet.

 

Item. In den kommenden Wochen wird dem Trainerduo Rykart/Kleiner die Arbeit nicht ausgehen. Das neu eingeführte 3-4-3-System muss geübt werden, Automatismen müssen sich erst einspielen. Doch das Team hat gezeigt, dass es Potenzial hat, dem Abstiegskampf zu entrinnen. Wenn auch die selbst ernannten Führungsspieler zu ihrer Topform finden, dann ist vielleicht sogar mehr möglich. C’MON ENERGIE!

* Jah, [dʒaː] vor allem in der Rastafari-Religion und der Reggae-Musik gebräuchliche Kurzform der hebräischen Gottesbezeichnung

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